Sehen im Schiess-Sport
Das Sehen im Schiess-Sport
Für jeden Sportler ist es wichtig, gut zu sehen. Ein gutes Sehvermögen ist eine der ersten Voraussetzungen für eine optimale Leistung. Der Sportler muss bei jeder Sportart, wie z.B. Weitsprung, Hochsprung oder allen Ballspielen, Entfernungen abschätzen und alle Gegenstände genau erkennen können. Von allen Sportarten aber, werden beim Schiess-Sport die höchsten Anforderungen an das Auge gestellt. Einen nicht unerheblichen Anteil am Erfolg eines Schützen hat das Sehen.
Infolge der immer besser werdenden Resultate, bedingt durch bessere Ausrüstung und Ausbildung, ist die Zielscheibe ständig verkleinert worden. Der Schütze muss auf grosse Entfernungen sehr kleine Objekte scharf erkennen und während eines Wettkampfes oder bei einer längeren Schiess-Serie das Bild immer gleich gut wahrnehmen. Kleine Sehfehler, die im normalen Leben unbemerkt bleiben, wirken sich unter Umständen beim Schiessen bereits negativ aus. So werden nicht nur an das Auge, sondern auch an die Sehhilfe ausserordentlich hohe Anforderungen gestellt.
Von vornherein lässt sich sagen, dass zum Schiessen die Kontaktlinse fast immer ungeeignet ist, weil sie auf dem Auge schwimmt und sich bei jedem Lidschlag bewegt. Dadurch entstehen kleine optische Verschiebungen, die sich beim Zielen sofort negativ bemerkbar machen, da das Schussbild abweicht. Hinzu kommt, dass der Schütze über relativ lange Zeit – möglichst ohne zu blinzeln – das Ziel fixiert. Durch die niedrige Lidschlagfrequenz trocknet die vordere Linsenfläche schneller aus, worunter die optische Qualität leidet. Der Schütze braucht also für seine Sehbedürfnisse eine Spezialbrille – eine Schiessbrille.
Aber die Schiessbrille ist nicht nur eine Spezialbrille, sie erfordert auch eine spezielle Brillenglasbestimmung. Voraussetzung zur Ermittlung des richtigen Glases ist das Wissen um den Zielvorgang und die einzelnen Zielpunkte.
Ein Augenoptiker oder Augenarzt, der sich nie mit dem Schiess-Sport beschäftigt hat, hat in der Regel Schwierigkeiten, die Sehprobleme des Schützen zu erkennen und das richtige Brillenglas zu verordnen. Aus diesem Grund, wird von der Firma Knobloch-Optik GmbH seit einiger Zeit ein Schiessbrillen-Seminar für Augenoptiker durchgeführt. In diesem Seminar werden dem Teilnehmer die langjährigen Erfahrungen (Anpassung von Schiessbrillen, die speziellen Sehaufgaben und Sehanforderungen unter den verschiedenen Bedingungen und jeweiligen Schiess-Sport-Disziplinen), die unter anderem bei Deutschen-, Europa- und Weltmeisterschaften gesammelt wurden, weitergegeben. Viele Augenoptiker aus dem gesamten Bundesgebiet haben bis jetzt daran teilgenommen. Weitere Seminare werden folgen.
Fehlsichtigkeiten im Schiess-Sport
Es überrascht, dass über 70% der Menschen nachweislich fehlsichtig sind. Geringe Fehlsichtigkeiten, die sich im täglichen Leben nicht störend auswirken, werden den meisten Menschen erst bewusst, wenn sie auf ihre Sehschärfe überprüft werden. Beim Schiessen aber, wo es auf höchste optische Präzision ankommt, macht sich auch die geringste Fehlsichtigkeit unangenehm bemerkbar. Was manches Mal mit Nervosität und Lampenfieber entschuldigt wird, hat oft in dieser Fehlsichtigkeit seine Ursache.
Viele Schützen, den deren einwandfreier Handhabung der Waffe nicht zu zweifeln ist, fragen sich mit Recht, warum ihre Ergebnisse nicht so erfolgreich sind, wie die des neben ihnen schiessenden Wettkampfteilnehmers. Doch sind die Bedingungen tatsächlich dieselben? Der Schütze, der bislang noch keine Brille getragen hat, kann an bestimmten Anzeichen selbst erkennen, ob eine Schiessbrille für ihn von Vorteil wäre. Obwohl der besagte Schütze überzeugt ist, einwandfrei scharf zu sehen, setzt er öfter als sein Nebenmann beim Zielen das Gewehr ab, sucht sein Auge mehr als erforderlich Ruhe und Entspannung. So beginnt auch manchmal die Scheibe „wegzulaufen“, oder sie erscheint oval oder unscharf.
Gerade bei längeren Schuss-Serien wird das unter normalen Verhältnissen gute „fehlsichtige“ Auge überbeansprucht und lässt so zu Teil das Korn, zum Teil das Ziel verschwommen erscheinen.
Von den Fehlsichtigkeiten, die am häufigsten vorkommen, unterscheidet man im allgemeinen vier Arten:
Der am häufigsten auftretende Augenfehler ist mit über 90% der Astigmatismus. Ist das rechtsichtige Auge gleichmässig rund und wie eine Kugel gekrümmt, so liegt beim Astigmatismus, eine in der einen Richtung stärkere als in der anderen – also eine ungleichmässige Krümmung der vordersten Haut vor dem Sehloch, der Hornhaut vor.
Das Bild wird verzerrt gesehen, ein Kreis erscheint als Ellipse und ein Punkt als Strich. Der Pistolenschütze klagt häufig darüber, dass er entweder die senkrechten oder die waagrechten Linien der Visierung undeutlich sieht. Diese Fehlsichtigkeit muss mit einem Zylinderglas auskorrigiert werden, dessen Achsenlage von der Lage der Krümmung der Hornhaut abhängig ist.
Bei weitsichtigen Menschen ist das Auge gegenüber der Brechkraft der Augenlinse zu kurz gebaut. Aus der Ferne kommende, also parallel einfallende Lichtstrahlen, werden erst hinter der Netzhaut vereinigt und auf der Netzhaut entsteht nur ein unscharfes Bild. Eine Besonderheit besteht insofern, als die noch ausreichend elastische Augenlinse eines jungen Weitsichtigen die Fähigkeit hat, sich durch Muskelkraft zu krümmen. Diesen Vorgang nennt man Akkommodation. Durch diese Akkommodation erhöht sich die Brechkraft der Augenlinse, und das Bild entsteht scharf auf der Netzhaut. Da das Auge bei starker Belastung seine Akkommodationskraft zur Erzeugung eines scharfen Bildes zu verstärken sucht, treten mitunter Kopfschmerzen auf. Bei der Augenglasbestimmung, der Refraktion, muss unbedingt der akkommodationslose Zustand des Auges hergestellt werden, da sonst sehr leicht Ermüdungserscheinungen des Auges auftreten und somit die Sehleistung abnimmt.
Bei der Kurzsichtigkeit liegen die genau umgekehrten Verhältnisse vor. Das Auge ist gegenüber der Brechkraft der Augenlinse zu lang gebaut. Parallel einfallende Lichtstrahlen werden bereits vor der Netzhaut vereinigt. Nur von nahen Gegenständen wird ein deutliches Bild auf der Netzhaut entworfen, während ferne Gegenstände nur undeutlich gesehen werden können. Eine Kurzsichtigkeit wird weitaus schneller erkannt, als eine Übersichtigkeit, da sie nicht durch Akkommodation ausgeglichen werden kann und sofort zu einem Abfall der Sehschärfe führt.
Die Alterssichtigkeit ist: Nachlassen der Fähigkeit des Auges, sich auf einen nahen Punkt einzustellen. Etwa ab den 40. Lebensjahr hat diese Fähigkeit soweit nachgelassen, dass eine Lesebrille notwendig wird. Beim Sportschiessen ist dies insofern wichtig, als ja der Pistolenschütze die Visierung der Waffe, welche im Nahbereich liegt, scharf und deutlich sehen muss. Die Zielscheibe ist für ihn nur von zweitrangiger Bedeutung. Aber auch schon bei jungen Schützen ist festgestellt worden, dass ein Plusglas von 0,25 bis 0,75 dpt das Zielen wesentlich erleichtert. Dem Schützen ist es dann möglich, ohne Anstrengung des Auges, also praktisch in Ruhestellung, die Visierung scharf zu sehen. Das Auge ermüdet nicht so leicht, und die Ergebnisse werden gleichmässiger. Meistens ist eine der drei vorgenannten Fehlsichtigkeiten mit dem Astigmatismus kombiniert.
Jeder Sportschütze, ob Brillenträger oder nicht, sollte von Zeit zu Zeit seine Augen überprüfen lassen. Eine gut angepasste Schiessbrille mit einem Glas, das den Sehfehler exakt auskorrigiert, bringt oft eine wesentliche Verbesserung der Resultate. Eine Schiessbrille gehört, genauso wie ein gutes Gewehr, eine gute Pistole und zweckmässige Kleidung, zur richtigen Ausrüstung eines Sportschützen. Zur Bestimmung des besten Brillenglases für die Schiessbrille, ist nach der üblichen, aber besonders genau durchgeführten Augenglasbestimmung, der exakte Feinabgleich mit der entsprechenden Waffe im Anschlag unbedingt notwendig.
Worin unterscheidet sich nun die „Schiessbrille“ von einer normalen Brille?
Ganz einfach dadurch, dass das Glas vor dem zielenden Auge, der Blickrichtung des Schützen beim Zielen in jeder Stellung angepasst werden kann. Eine normale Brille mit starren Gläsern hingegen ist zum Sportschiessen untauglich. Ob Gewehr- oder Pistoleschütze, ob er kniend, stehend oder liegend schiesst, wird nie, bedingt durch die schräge Kopfhaltung, senkrecht durch die Mitte des Glases sehen. Entweder stört der Rand der Brille direkt beim Zielen, oder er sieht knapp vorbei.